Vorfälligkeit

Vorfälligkeit

Wird zur Immobilienfinanzierung ein Darlehen aufgenommen, das innerhalb der Zinsbindungsfrist vorzeitig zurückgezahlt wird, verlangen die meisten Banken eine Vorfälligkeitsentschädigung. Aus diesem Grund warten viele Eigentümer den Ablauf der Zinsbindungsfrist ab, bevor Sie Ihre Immobilie verkaufen.

1.Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Banken vereinbaren bei der Kreditgewährung in der Regel eine konkrete Zinsbindungsfrist, beispielsweise 10 Jahre. Innerhalb dieser Frist ist nicht vorgesehen, dass der Kredit vor Fälligkeit zurückgezahlt wird, schließlich hat die Bank die Zinszahlungen für die nächsten 10 Jahre bereits einkalkuliert. Da diese Zinsen der Bank bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens entgehen, kann diese unter Umständen die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung von Ihnen fordern, um diesen Schaden auszugleichen. Ferner entsteht der Bank ein Refinanzierungsschaden dadurch, dass Sie sich über einen langen Zeitraum refinanziert und das vorzeitig zurückgezahlte Darlehen nur zu niedrigen Zinsen anlegen kann.

2. Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung

Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung kann anhand der Aktiv-Aktiv-Methode oder Aktiv-Passiv-Methode erfolgen.

Im Rahmen der Aktiv-Aktiv-Methode wird der Vergleich zu einem fiktiv abgeschlossenen Ersatzdarlehen gezogen. Der Schaden ergibt sich dann aus der Zinsdifferenz zwischen altem und neuem Darlehen.

Bei der Aktiv-Passiv-Methode unterstellt die Bank, dass sie das Geld in sicheren Kapitalmarkttiteln anlegt. Zu ersetzen ist dann die um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten gekürzte und abgezinste Differenz zwischen den ursprünglich geschuldeten Zinsen und der Rendite, die sich aus der Wiederanlage in diesen Kapitalmarkttiteln ergibt.

Da sich aus der Aktiv-Passiv-Methode im aktuellen Marktumfeld höhere Differenzen ergeben, wählen die meisten Banken diese Berechnungsmethode.

In jedem Fall hängt die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung also von der Höhe der Restschuld, der Höhe des Vereinbarten Zinses, der Restlaufzeit des Darlehens sowie vom aktuellen Zinsniveau ab.

3. Vorfälligkeitsentschädigung überhaupt rechtens?

Teilweise sind Forderungen einer Vorfälligkeitsentschädigung rechtlich nicht haltbar, weshalb Sie diese nicht „blind“ ohne rechtliche Überprüfung bezahlen sollten.

a) Informationspflichten verletzt

Bei einem Verbraucherdarlehensvertrag treffen die Bank eine Fülle an Informationspflichten. Der Darlehensnehmer muss insbesondere umfassend über die Vertragslaufzeit, über sein Kündigungsrecht und seit 2016 auch über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung informiert werden, sofern der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen.

Sofern eine dieser Angaben unterbleibt oder nur unzureichend erfolgt, entfällt der Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung. Als unzureichende Informationen werden neben unrichtigen Angaben auch solche Angaben eingestuft, die für den durchschnittlichen Verbraucher nicht nachvollziehbar sind. Die Angaben müssen stets klar, prägnant, für den Verbraucher verständlich und dennoch richtig sein.

Häufig anzutreffen sind außerdem Banken, die falsche bzw. ungenügende Widerrufsbelehrungen verwenden. In diesem Fall können Sie Ihr Darlehen widerrufen und den Kreditbetrag ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen.

b) gesetzliches Kündigungsrecht

Sofern in Ihrem Vertrag ein gebundener Sollzinssatz sowie eine Laufzeit von mehr als zehn Jahren vereinbart ist, steht Ihnen nach Ablauf von zehn Jahren nach dem Empfang der Darlehenssumme ein gesetzliches Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 zu. Üben Sie dieses aus, so ist die darlehensgebende Bank nicht berechtigt, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen. Für eine wirksame Kündigung müssen Sie jedoch die Kündigungsfrist von sechs Monaten einhalten.

c) Darlehen mit variabler Verzinsung

Voraussetzung dafür, dass die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung von Ihnen verlangen kann, ist stets, dass ein gebundener Sollzinssatz vereinbart wurde. Wurden also ein variabler Zinssatz im Darlehensvertrag vereinbart, darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung von Ihnen verlangen.

d) Vorfälligkeitsentschädigung zu hoch angesetzt

Das deutsche Recht ist geprägt vom Gedanken des Verbraucherschutzes. Aus diesem Grund legt § 502 Abs. 3 Nr. 1 BGB fest, dass die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei Verbraucherdarlehensverträgen 1% des vorzeitig zurückgezahlten Betrages nicht überschreiten darf. Liegen zwischen der vorzeitigen Rückzahlung und dem Vereinbarten Rückzahlungstermin weniger als ein Jahr, dürfen allenfalls 0,5% des zurückzuzahlenden Betrages als Entschädigung gefordert werden.

Expertentipp: Sofern Ihre Bank einen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung gegen Sie geltend macht, empfehlen wir, sich von einem erfahrenen Immobilienexperten beraten zu lassen. Nicht selten sind die Ansprüche der Banken aus den genannten Gründen unbegründet oder zumindest in der Höhe unangemessen.